„DEIN Wille geschehe! “

» Pfarrer Martin Winterberg

Mit dem Monat Juni mag nun endgültig der Sommer bei uns einkehren. Dank des reichhaltigen Regens im Winter und im Frühjahr sind die Talsperren gut gefüllt und der Grundwasserspiegel hat sich wieder ein wenig angehoben. Das lässt uns auf ein gutes Wachsen und Gedeihen hoffen. Wir in unserer nördlichen Hemisphäre und im gemäßigten Klima des nördlichen Mitteleuropas mögen zwar über manche Wetterkapriolen stöhnen, aber doch sind wir weitgehend von großen Katastrophen verschont geblieben. Mag uns zwar die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal vor drei Jahren schockiert haben, so sind solche Wetterphänomene zum Glück noch nicht normal bei uns. Was nichts von dem Schrecken, den Verwüstungen und dem Elend der Menschen nimmt, die davon betroffen waren. In anderen Ländern, durchaus auch in Europas Süden, aber erst recht auf anderen Kontinenten, sind die Folgen des Klimawandels mit viel weitreichenderen Konsequenzen zu erleben. Der Monatsspruch zum Juni, dem beginnenden Sommermonat, nimmt uns mit hinein in eine große Geschichte Gottes mit den Menschen in umbrüchiger Zeit. Eine von Gott herbeigebrachte „Naturkatastrophe“, als er das Wasser des Roten Meeres teilte, damit das Volk Israel hindurchziehen konnte, und als er es wieder zusammenfließen ließ, als die verfolgenden Ägypter mittendrin waren. So sagt nun Mose zu den Israeliten: „Bleibt stehen und schaut zu, wie der HERR euch heute rettet!” (2. Mose 14, 13) Ein Stehenbleiben, nicht um sich maulaffenfeil an dem Unglück der Verfolger zu ergötzen, sondern um Gottes große Rettungstat zu bewundern. Aussichtslos erscheinende Sachlagen, bedrängende Erfahrungen und hoffnungslose Situationen, sie beklemmen uns und fragen auch nach Gottes Rettungstaten in unseren Tagen. Der Fluchtreflex ist groß, aber vielleicht ist manchmal ein Verweilen das Richtige. Nicht, um selbstquälerisch zu verharren, sondern um zu erkennen, dass bei aller Betroffenheit die Gegenwart Gottes im Guten spürbar sein kann. Ja, „sein kann“ und nicht „muss“. Denn nicht immer in unserem Leben sind wir uns dessen gewiss. Es bedarf des Moments des Verharrens und des sich-Öffnens für Gott. Keineswegs ist es so, dass Gottes Rettung und seine Gegenwartserfahrung so sind, wie wir sie uns vorstellen oder sie gerne hätten. So wie auch Gott im Gebet anzusprechen mit unseren Wünschen und dann zu meinen, dass sie sich so erfüllen, wie wir es ihm quasi in die Ohren gelegt haben, keinen Automatismus enthalten. Ein Gebet ist nicht ein Wunschkonzert. Beten ist das Anerkennen dessen, dass Gott derjenige ist, der Himmel und Erde geschaffen hat und uns alle in seinen Händen hält. Er hat sich uns als Menschen ohne Bedingungen zugesagt. Seine Zuwendung bedarf aber auch unserer Ehrfurcht ihm gegenüber, damit wir ihn erkennen und an ihn glauben können. Und somit auch unserer Ehrfurcht gegenüber seinem Schöpfungsund Bewahrungshandeln. Da heraus können wir uns in die Welt gestellt wissen, um sie zu bewahren und zu gestalten und Gott mit unseren Anliegen in den Ohren zu liegen. Aber hier gilt: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Nicht meine Wunschliste ist abzuarbeiten, sondern ich befehle mich seinem Willen an. Also, Mensch, bleibe stehen und sehe zu, wie der HERR dich rettet.