Und das Licht scheint in der Finsternis…

» Pfarrer Martin Winterberg

Mitten in diesen Zeiten, die uns umtreiben, weil wir nicht wissen, in welche Richtung es uns treiben wird, da ist die Sehnsucht danach groß, einen klaren Blick zu behalten und eine innere Sicherheit zu gewinnen. Unser Glaube soll uns dabei helfen, eine Ausrichtung zu finden, die uns den Blick klar halten lässt und zugleich Zuversicht und Hoffnung gibt. Vergewisserungsräume mitten in unserer Stadt sind da die Kirchen. In ihnen treffen sich Menschen, um auf Gottes Wort zu hören, Gemeinschaft und Stärkung zu erfahren und so in die Welt zu gehen mit der Zuversicht der Begleitung unseres Gottes. So werden die Kirchen in unseren Städten zum Fingerzeig Gottes mitten in der Welt.

Und unsere Salvatorkirche, mitten in der Stadt, direkt neben dem Rathaus, im prächtigen gotischen Kathedralenstil vor über 700 Jahren gebaut, ist eine solche Kirche mit Geschichte und Gegenwärtigkeit in allen Hochund Tiefzeiten, die Menschen bei uns, unter uns und weit über unsere Stadt hinaus erlebt haben. Trutzig und zugleich erhaben ist sie Kontinuität und Kraftquell. Sie ist das, was das Dasein Gottes beschreibt: Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen. (Johannes-Evangelium 1,5)

Zugleich trägt die Salvatorkirche auch Narben der Zeit. Der Turm ist verletzt. Die Spitze ist im Krieg nach einem Bombenangriff im Oktober 1943 brennend ins Langhaus gestürzt und hat die Kirche bis auf die Grundmauern geschädigt. Bis auf den heutigen Tag hat die Kirche keine neue Spitze erhalten. Das Oktogon in seiner Unvollendetheit ist und bleibt eine Mahnung. Die verletzte Kirche trägt die Spuren ihrer Geschichte, die sieht man ihr auch an. Das soll so sein. Das ist ehrlich.

Zugleich geht es aber nicht nur um Trauer, sondern auch und vor allem um Hoffnung. Um den Vorschein dessen, dass eine Kirche in der Stadt immer auch ein Verweis darauf ist, dass wir uns als Menschen etwas verdanken, was wir nicht selber in Händen halten. Und ein solcher Hoffnungsschein inmitten dunkler Krisenzeit ist die Turmspitzen-Illumination, die seit dem Advent 2024 eine angedeutete Spitze darstellt. Acht Strahler richten ihren Lichtschein zum Kegel auf und bilden somit in die Stadt hinein einen Hinweis auf das Gotteshaus und erinnern an den benannten Fingerzeig Gottes, der in die Finsternis hinein erstrahlt.

Mit dem nunmehr Neuem, was das Alte der dereinstigen Turmspitze leicht und im Anschein aufnimmt, ist in einer lichten Silhouette zu erahnen. Nicht grell und drall und bestimmend, sondern schemenhaft und erst bei Aufmerksamkeit und Sensibilität auch wahrnehmbar. Sie nimmt somit den Charakter dessen auf, was wir als Kirche sein wollen. Eben ein Mehr als das Laute und Umtreibende der Welt. Der Glaube ist mit Ahnung versehen, dass dieses „Mehr“ an diesem Ort zu finden ist. Keine schrille Wegmarke, die zu konkurrieren versucht mit den Leuchtreklamen dieser Welt. Stattdessen ein sanftes Hoffnungszeichen einer Kirche, die seit mehr als einem Jahrtausend an dieser Stelle zu finden ist. Das sanft, wie ein Fingerzeig Gottes, nach oben ragt und den Menschen in dieser Stadt und der Stadtgesellschaft insgesamt einen stillen Hinweis darauf gibt, dass hier das finden ist, was ihrem Leben einen Halt und Sicherheit und Sinn geben kann. Und das insbesondere in erwähnter krisenhafter Zeit. Denn dabei bleibt es: Alle Finsternis dieser Welt wird das Licht unseres Gottes nicht verschlucken können.